Lage in Venezuela – Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 6.1.2020

FRAGE WARWEG: Gestern wurde ja der selbsternannte Präsident Venezuelas, Juan Guaidó, von seinem Amt als Parlamentspräsident abgewählt. Die Bundesregierung hat in der Bundespressekonferenz immer darauf verwiesen, dass ihre Anerkennung des Präsidenten darauf beruhe, dass er das Amt des Parlamentspräsidenten innehatte. Dieses Amt hat er nun nicht inne, daher würde mich interessieren, wie insbesondere das Auswärtige Amt das weitere Vorgehen der Bundesregierung plant und ob man nach wie vor an Juan Guaidó festhält respektive ihn nach wie vor anerkennt.

BREUL (Auswärtiges Amt): Herr Warweg, wir teilen nicht Ihre Interpretation dessen, was da gestern in Venezuela stattgefunden hat. Da Maduro-Regime hat versucht, die Wahl des Präsidenten der venezolanischen Nationalversammlung zu manipulieren. Eine große Anzahl Abgeordneter, darunter Guaidó selbst, wurde am Betreten des Parlamentsgebäudes gehindert. Das war ein Angriff auf die demokratischen Rechte des Parlaments und führte dann in diesem Gebäude in großer Abwesenheit von Abgeordneten zu einer Sitzung, die so rechtsförmlich gar nicht stattfinden konnte, weil der Parlamentspräsident, Herr Guaidó, diese gar nicht eröffnet hat. In dieser Sitzung soll angeblich ein Herr Luis Parra zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt worden sein. Diese Ernennung war nicht konform mit den Verfahrensregelungen des venezolanischen Parlaments. Die EU hat dazu gestern bereits eine entsprechende Erklärung herausgegeben, der wir uns vollumfänglich anschließen.

Wenige Stunden später berief Herr Guaidó eine Sitzung der Nationalversammlung an einem Ersatzort ein, weil er, wie gesagt, am Zugang selbst gehindert wurde. Dort wurde er mit 100 Stimmen bei 167 Abgeordneten in der Nationalversammlung, also mit einer klaren Mehrheit, als Präsident der Nationalversammlung wiedergewählt. Damit ändert sich aus Sicht der Bundesregierung auch nichts daran, Herrn Guaidó weiter als legitimen Interimspräsidenten zu betrachten.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Das heißt, die Bundesregierung erkennt die ‑ wie auch immer man das jetzt benennen will ‑ Wahl von Guaidó in einer rechtsgerichteten Zeitung an, ohne dass das Quorum in irgendeiner Form erfüllt war? Zumindest nach aktuellem Wissensstand waren 30 der Parlamentarier per Skype zugeschaltet, weil sie sich derzeit gar nicht in Venezuela befinden. Können Sie das kurz erklären?

BREUL (Auswärtiges Amt): Ich habe gerade ja schon dargestellt, wie das aus Sicht der Bundesregierung abgelaufen ist, und verweise noch einmal auf die EU-Erklärung, in der das auch noch einmal aufgeschlüsselt wird. Wie gesagt, wir sind in erster Linie entsetzt, dass das Maduro-Regime die Demokratie in Venezuela weiter auszuhöhlen versucht, indem es Abgeordnete durch Sicherheitsleute daran hindert, an einer Abstimmung teilzunehmen, deren Ergebnis dieses Regime anscheinend befürchtet hat ‑ was sich anschließend auch durch die Wiederwahl von Herrn Guaidó mit einer deutlichen Mehrheit von 100 von 167 Stimmen bestätigt hat.

https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz/2290926