https://deutsch.rt.com/inland/40990-sache-mit-prinzipien–auch/
22.09.2016
Die genossenschaftlichen Anteilseigner der taz haben darüber diskutiert, ob es der Bundeswehr weiterhin erlaubt sein solle, Werbeanzeigen in dem Blatt zu schalten. Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder stimmte für diese Option.
Kaum eine andere Tageszeitung in Deutschland lässt sich weltanschaulich derartig deutlich zuordnen wie die taz. Knapp 50 Prozent der Abonnenten geben an, die Grünen zu wählen, rund 40 Prozent vergeben ihre Stimme an Die Linke. Aus diesem Spektrum setzen sich im Großen und Ganzen auch das Führungspersonal, die Redakteure und die Genossen der Zeitung zusammen. Auf den grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele geht die Gründung der taz-Genossenschaft überhaupt erst zurück.
Insgesamt 16.020 Mitglieder hat das Konstrukt 25 Jahre nach seiner Gründung, darunter viele stille Teilhaber, aber auch solche, die sich aktiv in die Gestaltung des Kurses der Zeitung einmischen wollen. Rund 350 der taz-Genossen diskutierten nun darüber, ob die Bundeswehr künftig noch Werbeanzeigen in dem Blatt schalten darf. Annoncen des deutschen Militärs hatten in der Vergangenheit zu heftigem Streit geführt, denn die Satzung der taz legt fest, dass Anzeigen nach ihren inhaltlichen Aspekten immer vom Verlag daraufhin geprüft werden müssen, ob sie „wegen Sexismus, Militarismus oder Rassismus abzulehnen sind“.
Doch wie schon bei Bündnis 90/Die Grünen hat auch bei der taz längst der Pragmatismus Einzug gehalten. taz-Geschäftsführer Andreas Bull beschreibt diese Haltung wie folgt:
Ich finde diese Anzeigen auch eine Zumutung, aber ich habe gelernt, dass ich diese Zumutungen aushalten muss.“
Insgesamt erzielt die Zeitung pro Jahr 2,3 Millionen Euro an Werbeeinnahmen. Dies sind zwar nur neun Prozent der gesamten Umsatzerlöse, aber dennoch ein wichtiger Posten zur Deckung der Redakteursgehälter und zu zahlender Honorare. Sollte ein Presseerzeugnis, das einst aus der Friedensbewegung hervorging, vor diesem Hintergrund wirklich auf Werbeanzeigen von Ursula von der Leyens Truppe verzichten? Nein, so die deutliche Mehrheit der abstimmenden taz-Genossen. Am Ende stimmten 194 dagegen, Bundeswehranzeigen generell abzulehnen, 12 enthielten sich, nur 53 Genossen unterstützten den Antrag.
Wer sich durch Anzeigen des Heeres in der taz weiterhin gestört fühle, könne ja eigenes Geld in die Hand nehmen, um eine Gegenannonce zu schalten, lautete der Grundtenor innerhalb des Gremiums. Die Grundprinzipien des Kapitalismus hat das Blatt zweifellos verinnerlicht.
Schon vor zwei Jahren entbrannte ein ähnlicher Streit innerhalb der taz-Genossenschaft. Damals hatte das Flagschiff der hedonistischen Hauptstadt-Bohème ausgerechnet der AfD Platz für eine Anzeige eingeräumt. Auf die harsche Kritik in den sozialen Medien antwortete die Redaktion nur lakonisch:
„Wir sind eben käuflich“.
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