Erklärung zu den Grundrechte-Demonstrationen oder „Hygiene-Demos“

Seit Jahresbeginn ist die Welt mit einer immensen Krise konfrontiert, ausgelöst durch die Viruskrankheit Covid-19. Diese Krise wird auch nach einer hoffentlich erfolgreichen Überwindung der gesundheitlichen Folgen noch lange andauern, denn die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen sind noch gar nicht abzusehen. Viele Menschen werden ihre Existenzgrundlage verlieren und bereits bestehende Krisen könnten sich noch ausweiten.

Vor diesem Hintergrund haben sich in den vergangenen Monaten politische Entwicklungen mit massiven Auswirkungen stattgefunden. Einerseits haben sich Länder wie China, Russland, Kuba noch intensiver vernetzt. Ihre internationalen Bemühungen der Solidarität durch Hilfslieferungen und Entsendung medizinischen Personals in die am härtesten von der Corona-Krise betroffenen Ländern, haben zu einer immensen Welle der Anerkennung und Sympathie geführt.

Andererseits spitzt sich im Gegenzug eine von den USA angeführte anti-chinesische Dämonisierunskampagne zu, mitgetragen von einer Reihe verbündeter Staaten. Auch Deutschland zählt dazu. In diesem Umfeld findet auch die völkerrechtswidrige massive Verschärfung der Sanktions- und Blockadepolitik statt, vor allem gegen Venezuela, gegen Iran und Kuba, aber auch gegen zahlreiche weitere Staaten, vorab dem Jemen und Syrien. In Bolivien, Peru und Chile gehen rechte Regierungen brutal gegen die Opposition vor, die dort gegen diese Regierungen und gleichzeitig gegen die imperialistische US-Politik protestiert.

Als Berliner Bündnis „Frente Unido America Latina“ fordern wir das Ende dieser Politik der USA und verbündeter Staaten, die vor allem vor dem Hintergrund der Coronakrise menschenverachtend und kriminell ist.

Im Iran sind viele Tausende Menschen an Corona gestorben, der Import von medizinischen Geräten und Medikamenten ist sanktioniert, was die Lage noch verschärft hat. Jetzt versucht der Iran mit mehreren Tankschiffen lebenswichtigen Brennstoff an Venezuela zu liefern – währenddessen drohen US-Politiker mit einem kürzlich in die Karibik entsandten Marine-Kampfverband von Kriegschiffen der USA, Frankreichs und Großbritanniens. Man droht offen damit die iranischen Tanker zu blockieren und damit die lebenswichtigen Lieferungen an Venezuela zu verhindern.

In Deutschland haben sich in den vergangenen Monaten Bewegungen gegen die ergriffenen Corona-Maßnahmen gebildet. Es kommt inzwischen in zahlreichen Städten zu Kundgebungen und Demonstrationen, bei denen zumeist mit der Gefahr für die Grundrechte argumentiert wird, um zugleich die behördlichen Maßnahmen, Ausgangsbeschränkungen und die Maskenpflicht abzulehnen. Von vielen der Demonstranten wird die Gefährlichkeit der Corona-Erkrankung verharmlost oder sogar gänzlich abgeleugnet. Nicht nur wird die Gefährlichkeit in Deutschland abgestritten, wo es tatsächlich auf Grund der Gegenmaßnahmen zu sehr wenig Todesfällen gekommen ist. Nein, es werden oft sogar die Opferzahlen in den USA, in China, Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich als Fake bezeichnet.

Häufig wird China beschuldigt an der Corona-Verschwörung beteiligt zu sein und das Ganze nur inszeniert zu haben. Sogar die Weltgesundheitsbehörde (WHO) wird von vielen im Zentrum dieser Weltverschwörung gesehen. Auch hochrangige rechte katholische Bischöfe, die zugleich Gegner von Papst Franziskus sind, unterstützen diese Theorien.

Wir lehnen diese Proteste ab, weil sie auch von rechten Bewegungen wie der AFD, der NPD, von Pegida, den Identitären und von Esoterikern genutzt und beeinflusst werden. Rechtsextremisten, Holocaustleugner, Hooligans und Reichsbürger sind auf diesen Veranstaltungen präsent. Sie werden auf diesen Kundgebungen toleriert.

Sicherlich muss man differenzieren und darf nicht pauschal alle Demonstranten und Organisatoren in die rechte Ecke stellen, denn es gibt allen Grund mit Corona-Krisenmanagement unzufrieden zu sein, nur grenzt man sich nicht eindeutig genug von den Rechten ab. Selbst wenn es sich hierbei um eine Minderheit handelt, sollte doch auch hinterfragt werden, wessen Interessen die rechten Teilnehmer der Proteste vertreten, beispielsweise die Leute um den ehemaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt.

Liegt es nicht auch im Interesse der Wirtschaft das lästige Shut-down schnell und vollständig zu beenden, um wieder ungehindert Profit zu machen? Aus der Geschichte wissen wir, dass Faschisten immer die Interessen des Kapitals vertreten.

Videoplattformen, wie KenFM, Rubikon, NuoViso u.a.m. sind wichtige Sprachrohre der Proteste und befeuern diese. Diese Plattformen verbreiten millionenfach zum Teil anti-linke, anti-kommunistische und anti-chinesische Standpunkte in ihren Interviews, oder sie versuchen systematisch, die Unterschiede zwischen rechts und links zu verwischen, ja zu negieren.

Auch wenn einige der Inhalte dieser Medien fortschrittlich klingen mögen, so sind sie jedoch insgesamt als rückschrittlich und mehr oder weniger rechts-offen abzulehnen. Vor allem weil sie sich selbst zusammen als Netzwerk begreifen. Leider haben eine ganze Reihe von Linken und anderen fortschrittlichen Persönlichkeiten diese Netzwerke in der Vergangenheit unterstützt oder haben dort Interviews gegeben. Wir würden uns jetzt nachdrücklichen Widerspruch wünschen!

Selbstverständlich haben auch wir große Sorge, dass es im Zuge der Coronamaßnahmen zu einem längerfristigen Abbau von Grund- und Freiheitsrechten kommt. Dies geht einher mit der wachsenden Sorge um soziale und wirtschaftliche Konsequenzen der Krise. Große Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Verarmung, viele stehen am Rande des sozialen Abgrunds. Hier müssen wir unsere Solidarität zeigen.

Statt Abbau von sozialen Grundrechten, wie auch dem Recht auf Gesundheit, fordern wir das Gegenteil: Das Gesundheitssystem muss grundlegend verbessert werden, weil es zunehmend privatisiert wurde. Auch die wissenschaftliche Forschung darf nicht betriebswirtschaftlicher Profitlogik folgen.

Gesundheit ist keine Ware, sie gehört in die öffentliche Hand!

In Deutschland besitzt das reichste 0,1 Prozent heute so viel wie 75 Prozent der Bevölkerung. Und trotzdem bekommen die Reichsten Hunderte Milliarden als Corona-Hilfe. Deshalb kann auch in dieser Krise nur eine fundamentale Veränderung der Eigentumsverhältnisse Lösungen bewirken.

Wir treten ein für Solidarität mit den Opfern dieser weltweiten Pandemie. Darüber hinaus unterstützen wir ausdrücklich die Coronamaßnahmen, wie sie in China, Russland, Kuba, in Venezuela und auch in anderen Ländern ergriffen wurden. Jetzt können und müssen diese Maßnahmen allmählich wieder zurückgenommen werden.

Wir fordern internationale Solidarität mit allen fortschrittlichen Menschen, Bewegungen und Ländern!

Berlin 22. Mai 2020

Heinrich Bücker, Berlin WorldBeyondWar, Coop Anti-War Cafe Berlin
Maren Cronsnest, Berlin Frente Unido America Latina
Dr. Nancy Larenas Ojeda, “Patria Grande Berlin” Coordinador Alemania KP Chile
Mauro Valderrama, KP Peru
Axel Plasa, Journalist, Frente Unido América Latina, Berlin

Links:
http://haendewegvonvenezuela.net/
https://cooptv.wordpress.com/category/corona/
http://berlin-gegen-krieg.de/ex/berlinbrief/
http://berlin-gegen-krieg.de/ex/letter.from.berlin.to.the.people.of.russia/