Brief der Drohnen-Kampagne an die Bundestagsabgeordneten der Fraktionen SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen

DROHNEN-KAMPAGNE
An die Abgeordneten des deutschen Bundestages der Fraktionen SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen

                                                                                           Berlin, den 17. November 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

folgendes Vorhaben in den Sondierungsergebnissen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP ist begrüßungswert:

„Wir brauchen eine abrüstungspolitische Offensive und wollen eine führende Rolle bei der Stärkung internationaler Abrüstungsinitiativen und Nichtverbreitungsregimes einnehmen. Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik brauchen wir verbindlichere Regeln…“

Wir hoffen, dass die neue deutsche Regierung u. a. sich für verbindliche internationale Kontrollen zu automatisierten tödlichen Waffensystemen, z.B. bewaffnete Drohnen, stark einsetzen wird. Weil bewaffnete Drohnen durch Software-Austausch nachträglich zu autonomen Waffensystemen verwandelt werden können, wäre es sinnvoll, die Fragen um bewaffnete Drohnen auch im Zusammenhang mit Kontrolle, Abrüstung und Ächtung von autonomen Waffensystemen aufzugreifen.

Zum „Alltag“ von Bevölkerungen in immer mehr Ländern gehört das ständige Bewusstsein einer detaillierten Überwachung durch bewaffnete Drohnen, das mit der ständigen Drohung eines plötzlichen willkürlichen Todes einhergeht. Diese Dystopie verbreitet sich durch die Welt.

In den bisherigen Debatten über eine mögliche Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen sind viele Aspekte noch nicht ausreichend untersucht worden: Nicht nur die nachträgliche Autonomisierung durch digitale Komponenten, sondern auch z. B. die Ursachen für die sehr hohen Fehlerquoten bei bisherigen US- und NATO-Einsätzen sind nicht beleuchtet worden.

Manche Politiker und Experten vertreten die Ansicht, dass durch restriktive Einsatzregeln gesichert werden könnte, dass bewaffnete Bundeswehr-Drohnen in der Zukunft immer nur grundgesetz- und völkerrechtskonform (nach deutscher Rechtsauffassung) eingesetzt werden.  

Aus folgenden Gründen sind wir anderer Ansicht:

     1) Einsatzregeln sind änderbar. Sie bieten keine langfristige Sicherheit gegen Missbrauch, weil die Bundeswehr die jeweiligen Einsatzregeln immer je nach Mandat gestaltet. Spätestens nach den nächsten Bundestagswahlen könnten jetzt beschlossene Einsatzregeln geändert werden. 

            2) Die vom Verteidigungsministerium vorgeschlagenen Einsatzregeln sind fast identisch mit den Einsatzregeln der US-Streitkräfte zum „Schutz“ der US- und NATO-Soldat*innen, z. B. beim Einsatz in Afghanistan am 29. August 2021, wobei zehn unbeteiligte Zivilisten ermordet wurden. 

            3) Viele Studien sowie veröffentlichte Dokumente der US-Regierung machen klar, dass beim Drohnen-Einsatz im bewaffneten Konflikt in Afghanistan derartige Fehler überhaupt keine Ausnahme gewesen sind: Die Identität von einem sehr hohen Prozentsatz der durch US-Drohnen Getöteten bleibt unbekannt. Wie soll die Bundeswehr für die eigenen Drohnen-Einsätze akkuratere Aufklärungsdaten beschaffen als die US-Streitkräfte für ihre Einsätze es tun könnten?

            4) Es gab in der deutschen Drohnen-Debatte keine Aufklärung der Ursachen der wiederholt bewiesenen riesigen „Fehlerquote“ beim US- und NATO-Einsatz von bewaffneten Drohnen. Zum Beispiel sind Aussagen von Drohnenopfern sowie von kritischen Veteran*innen, Offizieren und Experten der Drohnenprogramme von verbündeten EU- oder NATO-Staaten nie in den offiziellen Debatten des Verteidigungsministeriums und im Bundestag berücksichtigt worden.
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            5) Das Verteidigungsministerium wie auch die SPD-Projektgruppe zu Drohnen haben zum Einsatzkonzept für bewaffnete Bundeswehr-Drohnen vorgeschlagen, dass die Entscheidung zum Schießen immer nur in dem Einsatzland, wo deutsche Soldat*innen sich befinden, getroffen werden soll. Doch im digitalen System mit Bildschirm „sieht“ ein/e Drohnenpilot/in, die/der zwei Kilometer weg vom Ziel ist, nicht besser als ein/e Drohnenpilot/in, die/der zwanzigtausend Kilometer weg ist. Gleichfalls „sieht“ ein deutscher Kommandeur oder Anwalt auch nicht besser.

Statt die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen voreilig zu erlauben, fordern wir, dass die neue Bundesregierung endlich eine ausführliche und gesellschaftlich breite Drohnen-Debatte ermöglicht, diese selbst vorantreibt und auch alle EU-, NATO-Länder und weitere Verbündete dazu auffordert. Auch der Export tödlicher digitaler Waffensysteme durch Firmen in Deutschland und in anderen Ländern muss in die Drohnen-Debatte einbezogen werden.

Die Tatsache, dass hierzulande über eine mögliche Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen debattiert wird, macht Deutschland zu einem „Leuchtturm“ für viele Menschen und Institutionen auf der Welt, die über die rasche Entwicklung von automatisierter und autonomer Kriegsführung besorgt sind.  Genau deswegen hat die neue deutsche Regierung eine starke Verhandlungsposition, um den dringend notwendigen Versuch zu machen, automatisierte und autonome Waffensysteme international unter Kontrolle zu bringen.

Mit freundlichen und zuversichtlichen Grüßen

Elsa Rassbach

Vertreterin von Attac und der DFG-VK zu Kampfdrohnen
Sprecherin in Deutschland der US-Friedensorganisation CodePink und der Kampagne „Ban Killer Drones“
i. A.  der Drohnen-Kampagne, das 2013 gegründetes Netzwerk mit 150 Unterstützergruppen
drohnen-kampagne.de

Koordinierungskreis: 
Lühr Henken, Elsa Rassbach, Laura von Wimmersperg, Rainer Hammerschmidt

_________________________Die folgende Gruppen unterzeichneten den 2013 Appell „Keine Kampfdrohnen!“

zur Gründung des bundesweiten Netzwerks Drohnen-Kampagne.
https://drohnen-kampagne.de/appell-keine-kampfdrohnen/unterstutzergruppen/

(Auflistung in alphabetischer Reihenfolge.)

Aachener Vorratsdatenspeicherung, OG Hannover, Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung e.V. (asfrab), Assoziation Daemmerung, attac Deutschland, Augsburger Friedensinitiative (AFI), AWC Deutschland e.V.-Weltbürgerinnen und Weltbürger, BDSBerlin, Berliner Arbeitskreis Uran-Munition, Berliner Bündnis Schule ohne Militär, Brandenburg-Berliner Initiative für Zivilklausel gegen Rüstungs- und Militärforschung, Bremer Friedensforum, Bremische Stiftung Rüstungskonversion und Friedensforschung, Bundesausschuss Friedensratschlag, Bundesverband der Juso-Hochschulgruppen, Bündnis   90/Die   Grüne   (Partei, Bundesvorstand), Bündnis für die Zukunft Hannover, Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung e.V., BI OFFENeHEIDe, CCC-Chaos Computer Club e.V., CODEPINK Germany, COMM e.V., Coop Antikriegscafe Berlin, Deutscher Freidenker-Verband,Deutscher Friedensrat e.V., DFG-VK Bundesverband, DFG-VK Niedersachsen-Bremen, DFG-VK Flensburg, DFG-VK Hamburg, DFG-VK Kiel, DFG- VK Baden-Württemberg, DIDF (Föderation demokratischer Arbeitervereine), Die AnStifter, Die Freiheitsliebe, Die Linke (Partei, Bundesvorstand), digitalcourage e.V., Digitale Gesellschaft e.V., DKP (Partei, Bundesvorstand), Dortmunder Friedensforum, Emder Friedensforum, Essener Friedensforum, European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR), Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), FBK Freundschaftsgesellschaft Berlin-Kuba e.V., FIfF-Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V., FIW Friedensinitiative Berlin- Wilmersdorf, Forum Friedensethik (FFE) in der Evangelischen Landeskirche in Baden, Forum Friedenspsychologie e.V., Frauennetzwerk für Frieden e.V., Frauen wagen Frieden, freiheitsfoo, Friedensbündnis Karlsruhe, Friedensbüro Hannover e.V., Friedensforum Duisburg, Friedensinitiative Hamburg-Niendorf, Friedensinitiative Köln Sülz/Klettenberg, Friedensinitiative Zehlendorf e.V., Friedenskreis Castrop-Rauxel, Friedenskreis Lübeck/Herzogtum Lauenburg, Friedensnetz Saar, Friedensnetzwerk Kreis Pinneberg, Friedensplenum Bochum, Friedensplenum Tübingen/Antikriegsbündnis, Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V., Frankfurt/Main, Friedenswerkstatt Kiel, GBM-Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e. V., Gegenuniversität in Gründung-GIG (Sub-Committee on the Integration ofHumanities), Georg-Elser- Initiative Bremen (GEIB), GEW-Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Berlin, GEW-Ausschuss für   Friedenserziehung   (GEW-Hamburg),   Gruppen   der   Berliner Friedenskoordination, Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e. V., Hanfparade-JaKiS e.V. Berlin, Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg, Hiroshima-Arbeitsgemeinschaft Kiel, Humanistische Union, Humanwirtschaftspartei, Sächsischer Landesverband, IALANA -Juristen und Juristinnen gegen ABC-Waffen-Für gewaltfreie Friedensgestaltung, IFFF-WILPF-Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, ILMR-Internationale Liga für Menschenrechte, IMI e.V. -Informationsstelle Militarisierung, Informationsstelle für Friedensarbeit-Meckenheim (Information BureauforPeace Work), Initiative friedliche Uni Augsburg, Initiative Hochschulen für den Frieden, Initiative „Kein Militär mehr“, Initiative „Nein zum Kriegsflughafen“- Leipzig, Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg, Initiative gegen Waffen vom Bodensee, IPPNW Deutschland-Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs Ärzte in sozialer Verantwortung e.V., IPPNW-AK Süd-Nord, IPPNW-Regionalgruppe Hamburg, Jusos Erlangen, Juso HSG Köln, Kasseler Friedensforum, Kölner Friedensforum, Kooperation für den Frieden, Komitee für Grundrechte und Demokratie, Kriwi-Unterstützung internationaler Kommunikation kritischer WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen e.V., Landesverband Berlin im Deutschen Freidenker-Verband e.V., Lebenshaus Schwäbische-Alb, Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus, Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung (BIFA)Münchner Friedensbündnis, Munich American PeaceCommittee (MAPC), Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg, NaturFreunde Deutschlands, NatWiss-NaturwissenschafterInnen-Initiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit, Netzwerk Regenbogen, Occupy Hamburg, Ökologisch-Demokratische   Partei   (ÖDP), Ökumenische   Aktion   Ohne   Rüstung   Leben, Ökumenisches   Netz   Rhein-Mosel- Saar, Ökumenisches Zentrum für Friedens-, Umwelt- und Eine-Welt-Arbeit e.V., Offene Arbeit Erfurt, Basisgemeinde des Evang. Kirchenkreises Erfurt, Onlineaktivisten, Ostermarsch Rhein Ruhr Komitee,paligro- Pazifistische Liga   Großenhainpaxchristi-Bistumsstelle   Mainz,   paxchristi   -Diözesanverband   Rottenburg-Stuttgart,   paxchristi-Kommission   Friedenspolitik, paxchristi   München, paxchristi-Regionalgruppe Düren, Piratenpartei (Partei, Bundesvorstand), Pusdorfer Friedensgruppe, Bremen, PPF-Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden, RAV-Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein, RüstungsInformationsBüro Freiburg-RIB e.V., SDS HAW Hamburg, SPD Erlangen-Stadt, Thüringer Friedenskoordination/Aktionskreis für Frieden e.V., Truderinger Frauen für Frieden und Abrüstung, Unite!- Demokratische Jugend, VVN-BdA-Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten, VVN-BdA Landesvereinigung NRW, Kreisvereinigung Düsseldorf, Würselener Initiative für den Frieden, ZAA Zusammenarbeitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig- Holstein