Archive for Dezember 28th, 2022

28. Dezember 2022

Kosovo-Krise: Schwächesignale aus der EU – Von Gert Ewen Ungar

Quelle: RT

Der Konflikt im Kosovo eskaliert. Die EU-Beitrittskandidaten Serbien und Kosovo liegen miteinander im Streit. Die EU kann zur Schlichtung nichts beitragen. Der Balkan zeigt die diplomatischen Grenzen der EU, die in schlichtem Freund-Feind-Denken stecken bleibt.

Was hat man sich selbst gelobt. Im Oktober trafen die Außenminister der Westbalkanstaaten in Berlin mit der deutschen Außenministerin Baerbock im Rahmen des Berliner Prozesses zusammen.

„Der Berliner Prozess trägt dazu bei, dass der Westbalkan und die Menschen in der Region stärker zusammen­wachsen“, ist auf der Website des Auswärtigen Amtes dazu zu lesen. Überschrieben war das Treffen mit dem Titel „Damit die Region weiter zusammenwächst“.

Anfang November waren die Staats- und Regierungschefs der Staaten des Westbalkan dann bei Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gast. Man war sich einig, dass die Staaten rasch in die EU aufgenommen werden sollten. Der Einigungsprozess machte unter deutscher Führung große Fortschritte, lobte man sich im Kanzleramt selbst. 

Schließlich trafen sich die Regierungschefs der EU-Staaten zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel sowie den Regierungschefs der Westbalkanstaaten im Dezember zum Gipfel in der albanischen Hauptstadt Tirana. Man verabschiedete eine gemeinsame Erklärung, in der man sich auf eine weitergehende Integration des Westbalkans in die Strukturen der EU einigte. Das war am 06. Dezember 2022. Alles war auf dem besten Weg. 

Wenige Tage später fiel das Kartenhaus zusammen. Ein schwelender Konflikt zwischen Serbien und Kosovo brach trotz aller Bekenntnisse zu Einheit und Integration in der Region auf und droht zum Krieg zu werden. Damit wurden die Reden von den großen Fortschritten und der sich vertiefenden Einigung als reiner Selbstbetrug entlarvt.   

Der EU ist es in zwei Jahrzehnten nicht gelungen, den Kosovo zu stabilisieren – weder wirtschaftlich noch politisch. Man möchte den Balkan und insbesondere Serbien aus der russischen Einfluss-Sphäre lösen, agiert dabei aber derart ungeschickt, dass eher das Gegenteil erreicht wird. Bereits am 11. Dezember ergriff die deutsche Außenministerin einseitig Partei.

Auch der für seine diplomatische Ungeschicklichkeit berüchtigte EU-Außenbeauftragte Josep Borrell stellte sich sofort gegen die Serben im Kosovo. 

Die Einseitigkeit der Politik spiegelte sich in den Medien wider. In einem Beitrag der taz wird dem Begriff „Serbe“ das Attribut „militant“ beigeordnet. Damit auch jeder merkt, wer hier der Böse ist, in den ersten zehn Zeilen gleich dreimal. Wiederholung ist das beste rhetorische Mittel, mag sich der Autor gedacht haben, denn für den Leser muss sofort erkennbar sein, wer die Guten und wer die Verachtenswerten im Konflikt sind.

Nach Auffassung der Welt zieht kein Geringerer als Wladimir Putin im Hintergrund die Strippen. Russland sei der große Profiteur der neueren Krise auf dem Balkan. „Er ist der wichtigste Verbündete des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić in der Kosovo-Frage“, weiß man bei der Welt. Der deutsche Mainstream bleibt seinen Verschwörungstheorien treu. Er trägt erneut das schon im Jahr 1999 falsche Narrativ von den bösen Serben und den unschuldigen Albanern vor, das damals den Überfall der NATO auf Jugoslawien medial vorbereitet und die Kriegsbereitschaft unter den Deutschen erhöht hatte.  

Man wiederholt seine alten Fehler und bleibt in einer schlichten Sichtweise stecken. Die EU befindet sich ihrer Auffassung nach in einem Systemkonflikt mit Russland. Serbien pflegt gute Kontakte nach Russland. Es muss sich daher entscheiden – entweder Russland oder EU. Das erklärt die einseitige Stellungnahme westlicher Diplomaten. Sollte die EU auf ihrer einseitigen Sichtweise beharren, dass sich alle Länder auf dem europäischen Kontinent für eine Kooperation entweder mit der EU oder mit Russland entscheiden müssen, wird Europa als Kontinent nicht mehr zur Ruhe kommen. 

Die EU muss gleich mehrere Dinge lernen. Das wichtigste ist: Die EU hat auf dem europäischen Kontinent nur bedingt Gestaltungsmacht. Sie repräsentiert nicht Europa als Ganzes. Sie ist zudem durch den Ukraine-Konflikt in eine Situation geraten, in der deutlich geworden ist, dass sie nicht in der Lage ist, sicherheitspolitisch sinnvolle und erreichbare Ziele für Europa zu formulieren. Sie setzt weiterhin auf einen militärischen Sieg der Ukraine über Russland. 

Die Radikalität, mit der sich sowohl die EU als auch die deutsche Politik dem Gespräch mit Russland verweigern, sich im Gegenteil zum Richter in einer Sache aufspielen, in der sie wegen ihrer eigenen Beteiligung keine Richter sein können, führt das diplomatische Unvermögen beider im Hinblick auf ihre Kompetenz zur Konflikteindämmung und -lösung vor. Weder die EU noch Deutschland besitzen aktuell die Fähigkeit, Konflikte diplomatisch zu lösen. 

Dieses Unvermögen wird nun in der Kosovo-Krise reproduziert. Die EU verfügt nicht über das notwendige diplomatische Werkzeug und nicht über die diplomatische Manpower, diesen Konflikt zu schlichten. Sollten die beiden Parteien dort es nicht aus eigener Kraft schaffen, ihn einzudämmen, wird er absehbar eskalieren. Die von der EU und Deutschland gefürchteten „Systemopponenten“ Russland und China werden keine diplomatische Schlichtungsoffensive starten. Die Region wurde dafür zu deutlich als Einflussbereich der EU markiert.  Das bedeutet aber auch, dass die EU im Balkan an ihre Grenze stößt. Sie ist dort zu Ende, räumlich, aber vermutlich auch zeitlich. 

Das Projekt der Integration des Balkans in die EU kommt durch den erneuten Ausbruch des Kosovo-Konflikts ins Wanken. Die EU hat nicht die Kraft, ihn zu schlichten. Der erneute Ausbruch ist ein Zeichen der Schwäche der EU und der Erosion ihrer Macht. Sie verliert auf dem eigenen Kontinent an Einfluss. Der Ausdehnungsprozess dreht sich um. 

28. Dezember 2022

Robert Kagan hat in der ersten 2023er Ausgabe der renommierten US-amerikanischen Zeitschrift «Foreign Affairs» erneut einen längeren Beitrag zur US-Außenpolitik veröffentlicht.

(Red.) Robert Kagan, 64, Ehemann von Victoria «Fuck EU» Nuland und persönlicher Freund des jetzigen US-Außenministers Antony Blinken, ist einer der profiliertesten US-amerikanischen Polit-Berater und Polit-Autoren und vielleicht der prominenteste Vertreter der sogenannten US-amerikanischen Neocons, der Neokonservativen. Seine Spezialität ist, seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu erklären, dass die USA aus historischen Gründen verpflichtet sind, die ganze Welt zu beherrschen.«Nur die amerikanische Macht kann die Naturgewalten der Geschichte in Schach halten», so Kagan wörtlich. (cm)

«Es ist an der Zeit, den Amerikanerinnen und Amerikanern zu sagen, dass sie ihrer globalen Verantwortung nicht entkommen können und dass sie deshalb über den Schutz des eigenen Landes hinausdenken müssen. Sie müssen begreifen, dass der Zweck der Nato und anderer Bündnisse nicht in der Abwehr unmittelbarer Gefahren für US-Interessen besteht, sondern darin, den Zusammenbruch jener Ordnung zu verhindern, die diesen (US-amerikanischen) Interessen am dienlichsten ist. Man muss den Amerikanern offen und ehrlich sagen, dass die Aufgabe, eine (von den USA gesteuerte, Red.) Weltordnung aufrechtzuerhalten, niemals endet und zwar kostspielig, aber jeder Alternative unbedingt vorzuziehen ist.»

(Diese Aussage Robert Kagans hat Christian Müller schon in einem Artikel über Robert Kagan zitiert, den er am 18. April 2021 auf der Plattform Infosperber.ch publiziert hatte. Sein damaliger Artikel kann hier nachgelesen werden.)

Jetzt hat Robert Kagan in der ersten 2023er Ausgabe der renommierten US-amerikanischen Zeitschrift «Foreign Affairs» erneut einen längeren Beitrag zur US-Außenpolitik veröffentlicht. Darin bestätigt er, dass praktisch alle US-Interventionen sogenannte «Wahl-Kriege» waren, also Kriege, die nicht notwendig gewesen wären, die von den USA aber gewollt waren. Aber er erklärt, dass es einen Weltfrieden nur geben kann, wenn die USA die ganze Welt beherrschen. Seine Argumentation basiert auf der Geschichte der USA seit 200 Jahren, mit etlichen Verweisen auf einzelne Ereignisse. Dabei unterstellt Kagan Russland und China, die ganze Welt beherrschen zu wollen, gerade auch in diesem Punkt allerdings auch mit falschen Informationen. So etwa behauptet auch er, wie die meisten US-Poltiker, im Jahr 2008 habe Russland den Kaukasus-Krieg eröffnet, obwohl eine von der EU in Auftrag gegebene Untersuchung unter der Leitung der Schweizer Spitzendiplomatin Heidi Tagliavini zum klaren Schluss kam, dass es der damalige georgische Staatspräsident Micheil Saakaschwili war, der den ersten Schießbefehl gab.

Hier einige Zitate aus dem neusten Artikel von Robert Kagan in «Foreign Affairs»

«Damals wie heute handelten die Amerikaner nicht, weil ihre Sicherheit unmittelbar bedroht war, sondern um die liberale Welt jenseits der eigenen Küsten zu verteidigen.» 

«Die Amerikaner sind auf die vermeintliche moralische Unterscheidung zwischen „Kriegen der Notwendigkeit“ und „Kriegen der Wahl“ fixiert. [ ] Aber alle Kriege der USA waren Wahlkriege, die „guten“ und die „schlechten“ Kriege, die gewonnenen und die verlorenen Kriege. Kein einziger war notwendig, um die unmittelbare Sicherheit der USA zu verteidigen; in allen ging es auf die eine oder andere Weise um die Gestaltung des internationalen Umfelds.»

«Wenn unzufriedene Großmächte wie Russland und China sich so lange an diese Regeln hielten, dann nicht, weil sie sich zum Liberalismus bekehrt hatten oder weil sie mit der Welt, wie sie war, zufrieden waren oder die Regeln von Natur aus respektierten. Es lag daran, dass die USA und ihre Verbündeten im Namen ihrer Vision einer wünschenswerten Weltordnung eine überlegene Macht ausübten und die unzufriedenen Mächte keine andere Wahl hatten, als sich zu fügen.»

«Auch Putins wiederholte Invasionen in Nachbarstaaten waren nicht von dem Wunsch geleitet, Russlands Sicherheit zu maximieren. Russland war an seiner Westgrenze nie so sicher wie in den drei Jahrzehnten nach dem Ende des Kalten Krieges. Russland wurde im 19. und 20. Jahrhundert dreimal von Westen her angegriffen, einmal von Frankreich und zweimal von Deutschland, und musste sich während des gesamten Kalten Krieges auf die Möglichkeit einer westlichen Invasion vorbereiten. Doch seit dem Fall der Berliner Mauer hatte niemand in Moskau Grund zu der Annahme, dass Russland die Möglichkeit eines Angriffs durch den Westen drohte.»

«Trotz häufiger gegenteiliger Behauptungen bestehen die Umstände fort, die die USA vor einem Jahrhundert zum bestimmenden Faktor des Weltgeschehens machten. So wie zwei Weltkriege und der Kalte Krieg bestätigt haben, dass Möchtegern-Autokraten ihre Ambitionen nicht verwirklichen können, solange die USA eine Rolle spielen, so hat Putin die Schwierigkeit entdeckt, seine Ziele zu erreichen, solange seine schwächeren Nachbarn praktisch unbegrenzte Unterstützung von den USA und ihren Verbündeten erwarten können.» 

«Die Amerikaner sollten eine freimütige und offene Debatte darüber führen, welche Rolle sie den USA in der Welt zuweisen wollen. Der erste Schritt besteht jedoch darin, zu erkennen, was auf dem Spiel steht. Der natürliche Verlauf der Geschichte in Abwesenheit amerikanischer Führung ist ganz offensichtlich: Er führt nicht zu einem liberalen Frieden, einem stabilen Gleichgewicht der Kräfte oder zur Entwicklung internationaler Gesetze und Institutionen. Stattdessen führt er zur Ausbreitung von Diktaturen und ständigen Konflikten zwischen Großmächten. Darauf hat sich die Welt in den Jahren 1917 und 1941 zubewegt. Sollten die USA heute ihr Engagement in der Welt verringern, sind die Folgen für Europa und Asien unschwer vorauszusehen. Großmächtekonflikte und Diktaturen waren in der Geschichte der Menschheit die Regel, der liberale Frieden eine kurze Verirrung. Nur die amerikanische Macht kann die Naturgewalten der Geschichte in Schach halten.»

Zum Originalartikel in «Foreign Affairs» hier anklicken.

28. Dezember 2022

Russlands Außenminister Sergei Lawrow: “Der Westen hat sich komplett als Verhandlungspartner diskreditiert“

LINK ZUM VIDEO HIER

TRANSKRIPT:
Jede beliebige Region der Welt, in der die Amerikaner versucht haben, Ordnung zu schaffen, hat die gleichen traurigen und tragischen Folgen erlebt.

Nehmen wir zum Beispiel Afghanistan. Nach 20 Jahren Herrschaft haben sie Afghanistan fallen gelassen, sie sind davongelaufen und hinterließen das Land in Trümmern, mit einer anhaltenden terroristischen Bedrohung, mit einer Drogenbedrohung, die sich während des amerikanischen Aufenthalts dort um ein Vielfaches verschärfte.
Jeder weiß, dass amerikanische Soldaten zusammen mit Drogenbaronen in den Drogenschmuggel aus Afghanistan nach Europa verwickelt waren. Übrigens haben die Amerikaner in diesen 20 Jahren nicht eine einzige Industrieanlage in Afghanistan gebaut.

Wir sind in der Pflicht, alles zu tun, um ein unabhängiges System für das Funktionieren unseres Staates zu schaffen. In erster Linie mit Blick auf kritische Industrien, kritische Technologien.


Im Zuge unserer militärischen Spezialoperation in den letzten Monaten, und in der Tat in der vergangenen Jahren, wo schon sehr ernste Sanktionen gegen Russland verhängt wurden, haben wir verstanden, wo wir Lücken in unserer eigenen Entwicklung haben, wo wir uns zu offen und naiv auf all die Aussagen verlassen haben, die Anfang der 90er Jahre zu hören waren: Über die Notwendigkeit eines gemeinsamen europäischen Hauses und einer gemeinsamen Arbeitsteilung, die sich auf die besten Eigenschaften und Wettbewerbsvorteile jedes Landes stützen würde, um Ressourcen zu sparen und die effizientesten und kostengünstigsten Ergebnisse durch die Bündelung der Kräfte zu erzielen.


All dies sind leere Worte.
Das wahre Interesse des Westens besteht darin, seine koloniale, neokoloniale Politik fortzusetzen. Der kollektive Westen hat sich als Partner bei Verhandlungen vollständig diskreditiert, und vor allem auch hinsichtlich der Umsetzung von zustande gekommen politischen und sogar rechtlichen Vereinbarungen.

28. Dezember 2022

Ex-Pentagon-Berater Douglas Macgregor: Ukrainische Streitkräfte verlieren Tausende Kämpfer bei Artjomowsk (ukrainisch Bachmut)

Der ehemalige Pentagon-Berater, US-Oberst Douglas Macgregor, hat erklärt, dass die ukrainische Armee bei Artjomowsk (ukrainisch Bachmut) schwere Verluste erleide und von den russischen Streitkräften zurückgeschlagen werde. Der Offizier wörtlich:„Sie versuchen, den Ort namens Bachmut zu halten. Der Ort wurde als Logistikzentrum aufgebaut, der Eisenbahnen und Verkehrsknotenpunkte verbindet. Die Streitkräfte der Ukraine erleiden dort eine Niederlage und verlieren Tausende von Soldaten in den Kämpfen.“
Vor dem Hintergrund, dass die ukrainische Armee viele erfahrene Kämpfer verloren habe, würden die Stellungen durch schlecht ausgebildete Rekruten besetzt, für deren Unterrichtung „nicht mehr als zwei bis drei Wochen“ vorgesehen seien, hieß es weiter. Macgregor resümierte: „Sie klettern in diese Gräben und warten buchstäblich auf den Moment, in dem sie eliminiert werden. Das ist eine tragische Situation. Niemand, der bei klarem Verstand ist, würde so etwas tun.“

28. Dezember 2022

Blutige Figuren. Kiew, der Westen und der Frieden – Von Arnold Schölzel (junge Welt)

https://www.jungewelt.de/artikel/441646.blutige-figuren.html

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