Archive for Juni 9th, 2022

9. Juni 2022

„Kann Selenskij überhaupt noch Weisungen erteilen?“ – Lawrow kontert ukrainischem Journalisten (RT)

https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/140542-kann-selenskij-uberhaupt-noch-weisungen/

In Ankara trafen sich der russische und der türkische Außenminister, um über die Ukraine-Krise zu beraten. Die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine stand im Mittelpunkt der Gespräche. Die Pressekonferenz endete mit einer provokativen Frage eines ukrainischen Journalisten.

In der türkischen Hauptstadt Ankara traf sich am Mittwoch der russische Außenminister Sergei Lawrow mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu, um über die Ukraine-Krise zu beraten. Die sogenannte Getreide-Krise und die angebliche Seeblockade ukrainischer Häfen standen dabei im Mittelpunkt der Gespräche. In den letzten Wochen hat die Situation im militärischen Konflikt durch eine drohende Lebensmittelkrise zusätzlich an Brisanz gewonnen.

Die Türkei bemüht sich seit Beginn der russischen Militäroperation konsequent um eine Vermittlerrolle und bietet ihre Städte als Plattform für diplomatische Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien an. Doch bei den Gesprächen über einen von Russland vorgeschlagenen grünen Korridor für Getreideausfuhren aus ukrainischen Häfen kam es zu keinem Durchbruch. Damit müsste zumindest auch die Ukraine mit am Tisch sitzen und die UNO miteinbezogen werden. Çavuşoğlu bekräftigte, die Türkei befürworte einen Plan der Vereinten Nationen, der alle drei Länder einbeziehe. Kiew und Moskau müssten dem aber noch zustimmen.

Die Gespräche waren allerdings von Misstrauen und Vorwürfen zwischen den beiden Ländern geprägt, und es gab auch in Ankara keine Anzeichen dafür, dass die Ukraine bereit ist, mit Russland über technische Modalitäten einer möglichen Deblockade zu sprechen. Außerdem beschuldigt Kiew Moskau des Getreidediebstahls. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij haben die russischen Truppen aus den Besatzungsgebieten bereits eine halbe Million Tonnen Getreide gestohlen.

Als die mehr als halbstündige Konferenz vorbei war und ein Pressesprecher des Gastlandes diese für beendet erklärte, meldete sich ein ukrainischer Journalist zu Wort und sagte, dass er eine zusätzliche Frage an Lawrow hätte. Mit den Worten „wir sind nicht in der Ukraine, sondern in der Türkei, einem freien Land“ signalisierte der russische Außenminister, dass er bereit sei, diese zu beantworten.

„Hat Russland von dem, was in der Ukraine gestohlen worden ist, einschließlich des Getreides, schon etwas verkauft?“, fragte der Journalist. In der Ukraine hat sich ein Propaganda-Narrativ festgesetzt, dem zufolge die russischen Truppen eine Räuber-Armee seien. Auf die Vorwürfe des Journalisten reagierte Lawrow jedoch mit einem Schmunzeln. Er antwortete„Sie zerbrechen sich den Kopf darüber, wo Sie etwas stehlen können, und unterstellen, dass das jeder tut.“
„Wir setzen die öffentlich verkündeten Ziele durch, den Osten der Ukraine vom Druck der Neonazis zu befreien“, so Lawrow weiter. Der russische Außenminister betonte noch einmal, dass das Getreide ungehindert zu seinen Bestimmungsorten transportiert werden könne und Russland ihm keine Steine in den Weg lege.
Es sei notwendig, dass Präsident Selenskij „die Weisung gibt, falls er überhaupt noch Weisungen geben kann“, dass es ausländischen Schiffen erlaubt wird, aus den Häfen auszulaufen und über das Schwarze Meer zu fahren.

Zuvor sagte Lawrow, dass Russland bereit sei, „die Sicherheit von Schiffen zu gewährleisten, die die ukrainischen Häfen verlassen“. Mit Blick auf die Ukraine fügte er hinzu:„Wenn sie jetzt – wie uns unsere türkischen Freunde sagen – bereit ist, entweder Minen zu räumen oder den Durchgang durch Minenfelder zu gewährleisten.“ 

Nach ukrainischen Angaben können derzeit mehr als 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten nicht exportiert werden. Grund sei die angebliche russische Seeblockade ukrainischer Häfen, über die vor dem Krieg 90 Prozent des Exports hinausgingen. 

Die Ukraine befürchtet im Falle der Einrichtung von Durchfahrtskorridoren allerdings neue Angriffe von der russischen Kriegsmarine. Dies wies Lawrow in Ankara jedoch zurück. Er verwies auf das Versprechen des russischen Präsidenten, die Eröffnung der Korridore nicht zu militärischen Zwecken Russlands zu nutzen, und betonte, Russland wolle verhindern, dass Schiffe verdeckt Kriegsgerät in die Ukraine bringen. Zuvor schlug das russische Verteidigungsministerium vor, den Hafen der vor Kurzem von den Einheiten der DVR und Russlands befreiten Stadt Mariuopol am Asowschen Meer für den Getreideexport zu nutzen.

Auf ein mögliches Treffen zwischen dem russischen und dem ukrainischen Präsidenten angesprochen, sagte Lawrow, dass dieses Treffen für den ukrainischen Präsidenten ein Selbstweck sei, wobei er seine Entscheidungen ständig und „mehrmals am Tag“ ändere. „Solche Schwankungen sehen wir mehrmals.“ Er wies darauf hin, dass die Ukraine die Gespräche über eine mögliche Friedensvereinbarung mit Russland aus eigener Initiative ausgesetzt habe. Russland habe der Ukraine Mitte April seine Vorstellungen mitgeteilt, nun liege der Ball bei der Ukraine. 

9. Juni 2022

Russischer Geheimdienst: „Kiew hat der Annexion durch Polen zugestimmt“

Dass Polen in Bezug auf die Ukraine ganz eigene Ambitionen hat, ist kein Geheimnis, auch wenn westliche Medien darüber nicht berichten. Nun hat der russische Geheimdienst dazu neue Erkenntnisse veröffentlicht.
Hier weiterlesen: https://www.anti-spiegel.ru/2022/russischer-geheimdienst-kiew-hat-der-annexion-durch-polen-zugestimmt/

9. Juni 2022

China und zentralasiatische Staaten beschließen engere Kooperation – auch im Sicherheitsbereich (RT)

https://pressefreiheit.rtde.tech/asien/140614-china-und-zentralasiatische-staaten-beschliessen-engere-kooperation/9.6.2022


Nur wenige Tage nach dem Ende der diplomatischen Pazifik-Offensive des chinesischen Außenministers Wang Yi reiste der Chefdiplomat Pekings nach Zentralasien. Auch dort konnte er eine Zusage zum Ausbau der Beziehungen zu China erreichen.

Chinas Außenminister Wang Yi nahm am Mittwoch am dritten Treffen der Außenminister Chinas und der zentralasiatischen Staaten in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan teil. An dem Treffen nahmen neben Wang Yi die Außenminister des Gastgeberlandes, Kasachstan, sowie Turkmenistans, Kirgistans, Tadschikistans und Usbekistans teil, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Die beteiligten Vertreter erklärten, dass der weitere Ausbau der multilateralen Zusammenarbeit zwischen den zentralasiatischen Staaten und China wichtig für die Aufrechterhaltung von Frieden, Stabilität und Sicherheit in der Region sowie für eine nachhaltige sozioökonomische Entwicklung sei.

Der chinesische Chefdiplomat betonte, dass China und Zentralasien, die sich so nah seien wie Lippen und Zähne, eine Schicksalsgemeinschaft bildeten und sich weiter Seite an Seite entwickelten. Unabhängig von Veränderungen in der Weltpolitik werde China immer die zentralasiatischen Staaten dabei unterstützen, ihre Souveränität und Unabhängigkeit zu schützen, Entwicklungswege zu verfolgen, die ihren nationalen Bedingungen entsprechen und ein autonomes Zentralasien aufzubauen.

China wolle die zentralasiatischen Länder bei der Aufrechterhaltung der politischen Sicherheit und der sozialen Stabilität, dem Aufbau eines friedlichen Zentralasiens, der Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung, der Verbesserung des Wohlergehens der Menschen, dem Aufbau eines wohlhabenden Zentralasiens sowie der Festigung der gegenseitigen Solidarität und der Selbstentwicklung entschlossen unterstützen.

Um die gegenseitigen Beziehungen zwischen China und den zentralasiatischen Staaten zu verbessern, schlug Wang fünf Punkte vor: Erstens müssten die Staaten die Rahmenbedingungen ihrer Zusammenarbeit verbessern. Zweitens müssten sie einen „starken Motor“ für die wirtschaftliche Entwicklung in der Post-Pandemie-Zeit schaffen. Drittens müssten sie den regionalen Frieden aufrechterhalten, einschließlich der Bekämpfung des Terrorismus, Separatismus und Extremismus. Viertens sollten die Staaten mehrere Wege für den kulturellen Austausch zwischen ihren Völkern erkunden. Fünftens sollten die Staaten ihre Kräfte bündeln, um positiv zur internationalen Politik beizutragen, die Prinzipien der UN-Charta aufrechtzuerhalten und allen Staaten dabei zu helfen, ihre Kerninteressen zu wahren.

Wang betonte, dass China in seinem Entwicklungstempo und in seiner Entschlossenheit, mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten, nicht nachlassen werde. Peking wolle weiterhin einen wichtigen Beitrag zum weltweiten Wirtschaftswachstum leisten und die Gerechtigkeit in der Weltpolitik verteidigen.

Vor dem Treffen hatte Wang erklärt, dass China über mögliche Überlaufeffekte der Ukraine-Krise sehr besorgt sei. Peking werde es nicht-regionalen Kräften niemals erlauben, „Ärger“ in Zentralasien anzuzetteln, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Wang sagte: „Unter den gegenwärtigen Umständen sollte sich die (zentralasiatische) Region vor Versuchen von Kräften außerhalb der Region hüten, die Länder der Region in Konflikte mit Großmächten hineinzuziehen und sie zu zwingen, Partei zu ergreifen.“ Zudem bekräftigte Wang, dass China niemals eigene geopolitische Ziele in seinen Beziehungen mit den zentralasiatischen Staaten verfolgt habe.

Die Vertreter der zentralasiatischen Staaten bedankten sich für China für die „starke Hilfe“ Pekings in Infrastrukturprojekten, bei der Verbesserung der Lebensbedingungen ihrer Völker sowie der Förderung des Austausches zwischen den Ländern. Zudem erklärten sie, dass sie den gemeinsamen Aufbau der Neuen Seidenstraße voll und ganz unterstützen.

9. Juni 2022

Ukraine: Missverständnisse, Irrtümer und Unverständlichkeiten – von Thierry Meyssan (voltairenet.org)

https://www.voltairenet.org/article217176.html

Der Krieg in der Ukraine findet nur statt wegen der Unkenntnis des Westens über das, was in der Ukraine geschah, und andererseits wegen einer Reihe von Missverständnissen und Irrtümern. Der Westen, der sich auf sich selbst konzentriert und nicht in der Lage ist, wie seine Gesprächspartner zu denken, hat sich immer wieder geirrt. Wenn schließlich die Militäroperationen enden und die Russen ihre öffentlich am ersten Tag erklärten Ziele erreicht haben werden, können sie sich sogar einreden, gewonnen zu haben. Am Ende ist das Einzige, was für den Westen zählt, nicht, Menschenleben zu verschonen, sondern die Überzeugung zu haben, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen.

Der Krieg in der Ukraine wird sehr unterschiedlich interpretiert, je nachdem, ob man im Westen lebt oder Russe ist. Die Interpretation von Worten und Ereignissen hängt von den Erfahrungen ab, die jeder Einzelne bereits gemacht hat. Tatsächlich reagiert niemand auf die gleichen Dinge und sucht nicht nach den gleichen Informationen. Am Ende haben die beiden Lager überhaupt nicht mehr die gleiche Wahrnehmung der Realität. Diese Abfolge von Missverständnissen und Irrtümern löst ein Unverständnis aus, das unbeabsichtigt einen großen Konflikt fördern kann.

DIE BANDERISTEN
Die beiden Lager, die Seite an Seite gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben, haben überhaupt nicht dasselbe in dieser Epoche erlebt und haben daher auch nicht die gleiche Erinnerung.

Die russische Presse unterscheidet nicht zwischen Banderisten und Nazis. Für sie geht es darum, die Erinnerung an den „Großen Vaterländischen Krieg“ (im Westen bekannt: „Zweiter Weltkrieg“) wieder zu wecken. Als Deutschland im Juni 1941 die Sowjetunion angriff, war sie dafür überhaupt nicht vorbereitet. Der Schock war katastrophal. Stalin gelang es nur, sein Volk zu vereinen, indem er sich mit der orthodoxen Kirche verbündete, gegen die er zuvor gekämpft hatte, und indem er seine zum Gulag verurteilten politischen Gegner befreite. An diese Periode heute zu erinnern, bedeutet, die Verpflichtung einzugehen, den Platz eines jeden anzuerkennen, solange er die Nation verteidigt.

Die Russen nehmen die heutigen Banderisten/Nazis als existenzielle Gefahren für ihr Volk wahr. Damit haben sie Recht, weil die ukrainischen Nationalisten der Ansicht sind, dass sie „geboren wurden, um die Moskauer auszurotten“.

Daher sind alle westlichen Angriffe auf die Person von Wladimir Putin deplatziert und ohne Wirkung. Für die russische Opposition ist das kein Thema mehr. Ob sie ihn mögen oder ihn bekämpfen, Putin ist ihr Führer, wie Stalin es seit Juni 1941 war.

Die westliche Presse setzt die Banderisten auch mit den Nazis gleich, aber um ihre Bedeutung leichter zu relativieren. Im Gedenken der Bevölkerungen Westeuropas bedrohte der Nationalsozialismus nur Minderheiten. Zuerst wurden die psychisch Kranken und die alten, unheilbar kranken Menschen, und dann wurden die Juden und Zigeuner von der Masse getrennt zu verschwinden. Die Slawen erinnern sich dagegen an Armeen, die vorrückten, indem sie nacheinander alle Dörfer, die sie einnahmen, dem Erdboden gleichmachten. Niemand konnte überleben. Der Nationalsozialismus schreckt die Westeuropäer nicht nur weniger ab, sondern die Angelsachsen entfernen auch unmerklich die Symbole, die diese Erinnerung wiederbeleben könnten. So änderten britische Kommunikationsberater Ende Mai das Wappen des Asowschen Regiments. Sie ersetzten die Wolfsangel, die mit der SS-Division Das Reich verbunden war, durch drei Schwerter in Dreizack-Form, die an die Ukrainische Nationalrepublik (1917-20) erinnern. Damit entfernten sie ein Nazi-Abzeichen und ersetzten es durch ein antibolschewistisches Abzeichen. In der westeuropäischen Vorstellung wird die Sowjetunion jedoch mit Russland gleichgesetzt, wobei man übersieht, dass die Mehrheit der sowjetischen Führer nicht russisch war.

Britische Kommunikationsberater behaupten, dass die ukrainischen Nazi-Banderisten mit den heutigen westlichen Nazis vergleichbar seien: Randgruppen von tollwütigen Menschen. Sie leugnen ihre Existenz nicht, sondern suggerieren, dass sie absolut keine Rolle spielen. So entfernen sie sowohl die Spuren ihrer parlamentarischen und staatlichen Tätigkeit seit der Unabhängigkeit von 1991, als auch die Bilder der Denkmäler, die ihnen seitdem im ganzen Land errichtet wurden.

Von 1991 bis 2014 ignorierten die Zeitungen der ganzen Welt die langsame Reformation der Banderisten in der Ukraine. Doch im Februar 2014, während des Sturzes des gewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch, waren alle Journalisten, die über die „Revolution der Würde“ berichteten, von der zentralen Rolle rechtsextremer Milizen bei den Protesten beeindruckt. Die Medien der ganzen Welt haben Berichte über diese seltsamen „Nationalisten“ produziert, die Hakenkreuze tragen. Aber die westliche Presse stellte ihre Ermittlungen abrupt einen Monat später ein, als die Krim die Machtübernahme dieser Extremisten ablehnte und ihre Unabhängigkeit proklamierte. Weiterhin über das Abdriften der Ukraine zu berichten, hätte bedeutet, der Russischen Föderation zuzustimmen, die den Anschluß der Krim akzeptiert hatte. Von da an und während 8 Jahren untersuchte kein einziges westliches Medium zum Beispiel die Vorwürfe der groß angelegten Entführungen und Folterungen, die das Land erfasst haben. Weil sie bewusst die Banderisten in dieser Zeit ignorierten, sind sie heute nicht mehr in der Lage, ihre politische und militärische Rolle einzuschätzen.

Diese Verblendung setzt sich mit der Entwicklung der ukrainischen Herrschaft während des Krieges fort. Die westliche Presse weiß nichts über die Diktatur, die errichtet wurde: Beschlagnahmung aller Medien durch den Staat, Verhaftung von Oppositionellen, Beschlagnahmung des Eigentums von Menschen, die an die historischen Verbrechen der Banderisten und Nazis erinnern, usw. Die russische Presse dagegen lässt nichts von dieser plötzlichen Entwicklung unbeachtet und wirft sich selbst vor, jahrelang die Augen geschlossen zu haben.

Wir unsererseits haben – wenn auch mit Verzögerung – die Geschichte der Banderisten geschrieben; ein Thema, dem kein Buch gewidmet wurde, ein Zeichen dafür, dass die Ukraine aus diesem Blickwinkel niemanden fasziniert hat. Unsere Arbeit, die in ein Dutzend Sprachen übersetzt wurde, erreichte schließlich doch viele westliche Militärbeamte und Diplomaten. Letztere üben nun Druck auf ihre Regierungen aus, damit sie aufhören, diese Feinde der Menschheit zu unterstützen.

DIE GLAUBWÜRDIGKEIT WESTLICHER UND RUSSISCHER FÜHRER
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Glaubwürdigkeit eines Führers zu beurteilen: Man betrachtet entweder seine guten Absichten oder seine Bilanz. Die Westeuropäer, die sich unter den Schutz der Vereinigten Staaten gestellt haben, sind überzeugt, dass sie nicht mehr Geschichte machen, sondern sie hinnehmen. Sie brauchen also keine politischen Führer mehr, wie im letzten Jahrhundert. Tatsächlich wählen sie nur mehr Manager, die sich als gutwillig vorstellen. Im Gegensatz dazu wollten die Russen nach dem Zusammenbruch ihres Landes während der Jelzin-Jahre ihre Unabhängigkeit wiederherstellen und endlich mit dem US-Liberalismus brechen, an den sie ein Jahrzehnt lang geglaubt hatten. Dafür haben sie Wladimir Putin gewählt und wiedergewählt, dessen Wirksamkeit sie schätzen. Ihr Land hat sich dem Ausland geöffnet und ist in vielen Bereichen, einschließlich Lebensmitteln, autark geworden. Sie interpretieren die NATO-Sanktionen nicht als Strafen, sondern, da sie wissen, dass das Atlantische Bündnis nur 12% der Weltbevölkerung darstellt, als eine Abschottung des Westens gegenüber dem Rest der Welt.

Unabhängig von politischen Regimen verzichten zivile Führer, die versuchen, ihr Volk so weit wie möglich zu vereinen, auf Lügen, um das Vertrauen ihrer Mitbürger zu behalten; im Gegensatz dazu müssen diejenigen, die im Dienst einer Minderheit stehen, um die Mehrheit auszubeuten, lügen, um nicht gestürzt zu werden. Auf der anderen Seite müssen militärische Führer, wenn sie auch dazu neigen ihre Träume für Realitäten zu halten, und daher in Friedenszeiten lügen, so nah wie möglich an den Realitäten in Kriegszeiten festhalten, um zu siegen.

Die Menschen im Westen sind durch die Anschläge vom 11. September 2001 und den Auftritt des US-Außenministers General Colin Powell vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 5. Februar 2003 stark traumatisiert. Während der Anschläge in New York zitterten sie zunächst, als sie sahen, wie Menschen aus den Fenstern sprangen und die Türme einstürzten, bevor sie merkten, dass die Erklärungen, die ihnen gegeben wurden, nicht haltbar waren. Ein enststand ein Misstrauen zwischen der westlichen Bevölkerung und den Führern, die vorgaben, an dieses Märchen zu glauben [1]. Dann glaubten sie, was ein General ihnen sagte, weil ein Soldat nicht über eine sehr ernste Sicherheitsbedrohung lügen konnte. Schließlich wurden sie deprimiert, als sie feststellten, dass all diese Inszenierungen nur ein Vorwand waren, um eine Regierung zu stürzen, die sich den USA widersetzte, und das Öl und den finanziellen Reichtum dieses Landes zu beschlagnahmen. Es ist eine Tatsache, dass General Powells Rede [2] von zivilen Politikern, den Straussianern des Office of Strategic Influence (OSI), geschrieben worden war, wie er später beschämt zugab. Dieses fehlgeleitete Vertrauen hat mehr als einer Million Menschen das Leben gekostet [3]. Seit 2003 vertrauen die abendländischen Menschen nicht mehr dem Wort ihrer Führer; ein Phänomen, das in Frankreich etwas weniger ausgeprägt ist, da dieses Land das einzige war, das General Powell öffentlich widersprach.

Die Russen dagegen unterscheiden zwischen jenen ihrer Führer, die den gleichen Diskurs wie andere führen, und denen, die das kollektive Interesse verteidigen. In den 2000er Jahren glaubten sie zuerst an das westlichen Narrativ und hofften, auch Freiheit und Wohlstand zu erleben. Aber sie erlebten einen schrecklichen Zusammenbruch, während sie beobachteten, wie sich ein paar Schläger ihren kollektiven Reichtum aneigneten. Dann wandten sie sich sicheren Werten zu: Mitbürgern, die sich um das allgemeine Interesse kümmerten und vom KGB ausgebildet waren. Sie leben heute in der Hoffnung, von dem befreit zu werden, was von dieser Periode der Verwirrung übriggeblieben ist: Oligarchen, die im Ausland leben, und eine gewisse globalistische Bourgeoisie in Moskau und St. Petersburg. Sie nehmen Erstere als Diebe wahr und begrüßen die Tatsache, dass ihr Eigentum, das für das Land bereits verloren war, von Westlern beschlagnahmt wird. Was Letztere betrifft, so wissen sie, dass es diese Leute nicht nur in ihrem Land, sondern überall in der globalisierten Welt gibt. Sie sehen ohne Bedauern, dass einige von ihnen weggehen. Für die Russen ist es Präsident Putin und seinem Team gelungen, das Nahrungsmittelproblem zu lösen und ihnen wieder Arbeit zu verschaffen. Sie haben ihre Armee wiederhergestellt und beschützen sie vor dem Wiederaufleben des Nationalsozialismus. Natürlich ist nicht alles rosig, aber es ist viel besser, seitdem sie das Sagen haben.

IST DIE NATO DAS GRÖSSTE MILITÄRBÜNDNIS DER WELT ODER EINE BEDROHUNG FÜR RUSSLAND
Für Westeuropäer, die in einer Region unter US-Protektorat geboren und aufgewachsen sind, schien die unipolare Organisation der Welt eine Selbstverständlichkeit zu sein. Da sie sechzig Jahre lang keinen Krieg zu Hause erlebt haben (die Franzosen haben die Anschläge in Paris während des Algerienkrieges vergessen), verstehen sie nicht, warum der Rest der Welt die Pax Americana nicht mehr will.

Im Gegenteil, die Russen haben einen starken Rückgang ihrer Lebenserwartung um 20 Jahre erlebt, als sie Boris Jelzin und seine US-Berater wählten. Darüber hinaus erlebten sie zwei Kriege in ihrer Provinz Tschetschenien mit den islamistischen Angriffen, die sie von Beslan bis Moskau begleiteten. Ukrainische Banderisten waren gekommen, um den Dschihadisten des islamischen Emirats Itschkeria zu helfen.

Für Westeuropäer spielt es keine Rolle, dass die NATO versuchte, Charles De Gaulle in Frankreich zu eliminieren, Aldo Moro in Italien ermorden ließ oder den Staatsstreich der Obristen in Griechenland organisierte [4]. Diese Ereignisse sind nur Spezialisten bekannt und werden nicht in Lehrbüchern gelehrt. Die NATO ist das größte Militärbündnis der Geschichte und ihre Größe garantiert ihr theoretisch den Sieg.

Nun verweigerte die NATO Russlands Beitritt in den 1990er Jahren. Sie definierte sich nicht als eine Kraft, die den Kontinent stabilisiert, sondern als antirussische Organisation, auf die Gefahr hin, einen Krieg in Europa zu provozieren. Der Westen schreibt die Geschichte neu, indem er behauptet, dass er nie die Entscheidung getroffen habe, sein Bündnis nicht auf den Osten auszudehnen. Während der deutschen Wiedervereinigung ließen der französische Präsident François Mitterrand und der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl jedoch im Vertrag über die endgültige Regelung Deutschlands (13. Oktober 1990) festlegen, dass die vier Siegermächte des Nationalsozialismus vertrauensbildende Maßnahmen in den Bereichen Rüstung und Abrüstung einführen würden, um den Frieden auf dem Kontinent gemäß den Grundsätzen der Schlussakte von Helsinki zu gewährleisten. (1. August 1975). Diese Grundsätze wurden in den Erklärungen von Istanbul (Charta für europäische Sicherheit, 19. November 1990) und Astana (2. Dezember 2010) bekräftigt. Sie legen fest:
das Recht jedes Staates, Militärbündnisse seiner Wahl einzugehen
und als logische Folge die Pflicht jedes Staates, keine Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die seine Nachbarn bedrohen.

Das ist der Grund, warum Russland den Beitritt der Staaten Mittel- und Osteuropas zum Nordatlantikvertrag nie bestritten, aber immer die Installation von US-Streitkräften auf ihrem Boden angeprangert hat. Mit anderen Worten, es bestreitet nicht die Existenz der NATO, sondern ihre Funktionsweise innerhalb des Integrierten Kommandos. Um es klar zu sagen: Heute hat es absolut keinen Einwand, dass die Ukraine, Finnland oder Schweden ein Bündnis mit den Vereinigten Staaten eingehen und durch Artikel 5 des Nordatlantikvertrags geschützt sind, lehnt es aber ab, dass dies die Stationierung von US-Truppen und Waffen auf deren Boden einschließt.

Es geht nicht darum, einen Raketenbeschuss von seiner Landgrenze aus zu verhindern, da sich U-Boote immer noch seiner Seegrenze nähern könnten. Moskaus Sorge liegt woanders. Im Gegensatz zu den meisten Staaten hat die Russische Föderation eine kleine Bevölkerung im Verhältnis zur Ausdehnung ihres Territoriums. Sie kann daher ihre Grenzen nicht verteidigen. Seit der Invasion Russlands durch Napoleon im Jahr 1812 hat es gelernt, sich selbst zu schützen, indem es auf seine Unermesslichkeit setzt: den Eindringling von seinen Versorgungslinien abschneiden und ihn im Winter an Kälte sterben lassen. Es war die „Strategie der verbrannten Erde“, die zur Aufgabe Moskaus und zur Versetzung seiner gesamten Bevölkerung in den Osten führte. Diese Strategie geht jedoch davon aus, dass der Eindringling nicht von hinteren Basen in einem nahe gelegenen Land profitieren kann.

Diese Strategie ist auch eine Quelle von Missverständnissen. Russland strebt keine Einflusszone in Europa an, wie es die Sowjetunion des Ukrainers Leonid Breschnew getan hatte. Es hat auch keine imperialistischen Ziele wie das zaristische Russland. Es will nur sicherstellen, dass sich ihm keine größere Armee nähert. Eine Haltung, die die am besten informierten Kreml-Spezialisten fälschlicherweise als „paranoid“ bezeichnen, obwohl sie gut durchdacht ist.

OPERATIVE KUNST
Während Hollywood-Kriegsfilme heldenhafte Initiativen von Männern zeigen, die das Schicksal einer Schlacht wenden, geht es in russischen Kriegsfilmen nur um Helden, die sich aufopfern, um den Vormarsch des Feindes zu verzögern und der Bevölkerung den Rückzug zu ermöglichen. Die Russen schämen sich nicht für Flucht, wenn sie ein Blutbad verhindern können.

Dieser Unterschied veranlasste das slawische Militär, sich eine „operative Kunst“ auszudenken, auf halbem Weg zwischen Strategie und Taktik. Es geht weder darum, über den Einsatz von Armeen noch über die Durchführung einer Schlacht nachzudenken, sondern darum, was getan werden könnte, um die feindliche Armee zu verzögern und die Schlacht zu verhindern. Westliche Armeen haben auch versucht, eine solche „operative Kunst“ auszuarbeiten, aber sie haben es nicht geschafft, weil sie sie nicht brauchen.

Auf militärischem Gebiet kann der Krieg in der Ukraine wie folgt zusammengefasst werden: Das von Präsident Wladimir Putin öffentlich gesetzte Ziel war, die Ukraine „zu entwaffnen und zu entnazifizieren“. Seine Umsetzung durch seinen Generalstab bestand zunächst darin, Verwirrung unter den Gegnern zu säen, dann darin, das Ziel zu erreichen, sobald die ukrainische Armee desorganisiert war.

Der russische Generalstab griff von jeder möglichen Grenze aus an; von der Krim, von Rostow, von Belgorod, von Kursk und aus Weißrussland. Daher wussten die ukrainischen Armeen nicht, wo sie sich konzentrieren sollten. In dieser offensichtlichen Unordnung zerstörten die russischen Armeen die ukrainische Luftverteidigung und stürzten sich auf das Kernkraftwerk Saporischschja, aus dem sie die illegalen Reserven an Uran und Plutonium zurückgewannen, und auf mehrere Militärlaboratorien, wo sie Behälter mit Viren und anderen biologischen Waffen zerstörten [5]. Sie zerstörten die Eisenbahnen, als der Westen anbot, Waffen an die Front zu schicken. Dann kämpften sie gegen das Asowsche Banderisten-Regiment in seiner Hochburg Mariupol. Schließlich säubern sie die Teile der Gebiete Donezk und Luhansk, die von den Ukrainern besetzt waren.

In der Zwischenzeit glaubte der Westen, dass die Russen Kiew einnehmen und Präsident Wolodymyr Selenskyj verhaften wollten, was nie zu ihren Zielen gehörte, und dann, dass sie das ganze Land besetzen würden, was sie ja absolut nicht wollen. Es gab also ein Missverständnis mit dem Blitzkrieg. Die Vereinigten Staaten glaubten, sie müssten einen schnellen Sturz des Regimes verhindern, während sie die Saporischschja-Reserven hätten verteidigen müssen. Dann glaubten sie, sie müssten Odessa und Lemberg beschützen, während Mariupol fiel. Die „operative Kunst“ der Russen zeigte sich darin, dass sie die angekündigten Ziele in Rekordzeit erreichten, während der Westen sich damit zufrieden gab, die Einnahme imaginärer Ziele zu verhindern.

Der Westen ist im Allgemeinen so eigensinnig, dass er nicht in der Lage war, wie seine Gegner zu denken. Das Pentagon irrte sich umso leichter, als die meisten Offiziere nichts von der Arbeit der Straussianer wussten: von der Strukturierung der Banderisten, ihren Verbindungen zu den rechtsextremen Elementen vieler westlicher Armeen (dem Geheim-Orden Centuria [6]) und von ihren geheimen Waffenprogrammen.

Thierry Meyssan

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