Wie soll es möglich sein, dass das US-Capitol am 6. Januar für mehrere Stunden von Trump-Anhängern besetzt werden konnte? Warum erschienen dort keine starken Polizeieinheiten? Washington DC ist die Hauptstadt der USA und nicht zuletzt deswegen auch eine der Städte mit den meisten Polizisten in den USA.
Ausserdem ist die Stadt von Einheiten des Militärs und der Nationalgarde umgeben. Es gibt auch starke Hubschrauberverbände. Wer hat den Befehl gegeben keine Polizeikräfte oder andere Einheiten zum Schutz des US-Capitols abzustellen? Diese Situation muss von höchster Stelle ermöglicht worden sein.
Donald Trump war selbst in der Stadt. Zum Zeitpunkt des Beginns des Auflaufs vor dem Capitol gibt es Videoaufnehmen, die zeigen, wie er in einem Zelt die Ereignisse vor dem Capitol auf großen Monitoren beobachtet. Er hätte später jederzeit die Gelegenheit gehabt einzugreifen und seine Anhänger aufzufordern, die Besetzung zu beenden. Er kann möglicherweise von der Lage überrascht worden sein, hätte aber zu jedem Augenblick telefonisch oder über die sozialen Netzwerke die Geschehnisse direkt beeinflussen können. Zumindest Leute aus Trumps Umfeld hatten unzweifelhaft Kontakte zu Personen, die sich im US-Kapitol befanden. Diese hätten seine Nachricht an die aufgebrachte Menge weitervermitteln können,
Es war keine spontane Demonstration, die plötzlich auftauchte, es war vielmehr eine geplante, bekannte Demonstration von Menschen, die in der Vergangenheit zu Gewalt und Drohungen zum Tragen von Waffen bereit war.
Gespräche auf rechten Plattformen werden vom Geheimdienst und Polizeikräften genaustens überwacht. Im September tauchte ein Berichtsentwurf des Ministeriums für innere Sicherheit auf, in dem weiße Supremacisten als größte die Bedrohung für die nationale Sicherheit identifiziert wurden.
Warnungen vor dem Angriff auf das Kapitol gab es schon vor dem Mittwoch überall in den sozialen Netzwerken – vielleicht nicht ganz genau über die geplante Zeit und den genauen Ort eines Angriffs auf das Kapitol, aber genug, um den Strafverfolgungsbehörden ein Gefühl über das Potenzial von Aktionen zu geben.
Über diese Vorwarnungen waren beide Lager zweifelsohne bestens informiert. Sowohl die Demokraten als auch das Trump Lager. Schon im Vorfeld hätte Trump deshalb zur Mässigung aufrufen können und vor allem auch noch in seiner Rede in unmittelbarer Nähe des US-Kapitols.
Sicher kann man das Interesse bestimmter Kreise der Demokraten voraussetzen, diese tatsächliche Besetzung stundenlang zu tolerieren um dann Trump die Schuld zuzuschieben und Exempel zu statuiren.
Aber auch Donald Trump trägt eine direkte Verantwortung. Er wirkte nach aussen hin zwar total überrascht, aber tatsächlich ist das kaum nachzuvollziehen. Tatsächlich muss hinter den Kulissen etwas abgesprochen worden sein.
Am 2. Juni – dem Tag der Vorwahlen in Washington – noch auf dem Höhepunkt der Black Lives Matter Bewegung waren überall in der Stadt Polizeibeamte, schwer bewaffnet und mit schwerster Ausrüstung. Humvees und andere militärische Fahrzeuge blockierten Kreuzungen. Busse voller Truppen kamen ins Zentrum. Später waren sie in Militärformation aufgestellt. Hubschrauber kreisten immer wieder im Tiefflug über den Demonstranten und erzeugten sehr starke Sturmböen.
Eine solche Dominanz von Polizei war am Mittwoch, dem Tag der Erstürmung des Capitols trotz einer fast vollständigen Sperrung der Innenstadt am Dienstagabend absolut nicht erkennbar. Trump-Anhänger fuhren mit ihren Autos direkt zum Kapitol und parkten teilweise auf Plätzen, die normalerweise für Kongressmitarbeiter reserviert waren. Einige Fahrzeuge waren sogar auf den Rasenflächen in der Nähe des Capitols geparkt.
Beide Seiten des politischen Spektrums waren sehr wahrscheinlich in die Duldung der Besetzung des US-Capitols involviert. Und beide Seiten hätten diese Bilder sehr wahrscheinlich verhindern können. Sehr wahrscheinlich muss es einen Deal gegeben haben. Alles andere ist wenig bis kaum glaubhaft.
Die Capitol Police, die für die Sicherung des US-Parlaments zuständig ist, hat ein Jahresbudget von 375 Millionen Euro und besitzt die Hoheitsrechte über das Kapitol und das angrenzende Gebiet, so dass die Nationalgarde oder die Stadtpolizei nur eingesetzt kann, wenn sie angefordert wird. Nach Medienberichten soll dies aber erst geschehen sein, als Trump-Anhänger bereits im Gebäude waren. Ausserdem gibt es Berichte, das Pentagon habe gezögert bewaffnete Soldaten zu entsenden.
Zunächst kamen nur 340 Nationalgardisten zum Einsatz und zwar unbewaffnet. Berittene Polizisten oder Polizeihunde kamen überhaupt nicht zum Einsatz.
Dass so viele Eindringlinge unbehelligt aus dem Kapitol herausgehen konnten und dabei nur 14 Trump-Unterstützer festgenommen wurden, wurde damit erklärt, dass die Polizei in der Unterzahl gewesen sei. In den sozialen Medien machen Videos die Runde, die Szenen der Verbrüderung zwischen Beamten der Capitol Police und den Randalierern zeigen. Washingtons Stadtpolizei nahm 68 Menschen fest – bei den „Black Lives Matter“-Protesten im Juni waren fast 300 Leute in Arrest genommen worden.
Anfang Juni standen hingegen Soldaten in Kampfmontur nicht nur vor dem Lincoln Memorial, sondern patrouillierten in gepanzerten Fahrzeugen durch die Straßen Washingtons und sogar Kampfhubschrauber kreisten über den Demonstranten.
Auch kamen weder berittene Polizisten noch Polizeihunde zum Einsatz.
Als Ergebnis sehen wir jetzt erneut die Begriffe „domestic terrorism“ oder inländischer Terrorismus in den Medien. Dies alles herbeizuführen, könnte eine abgekarterte Sache sein, oder irgendein Deal, der Trump aufgezwungen wurde. Schwer zu sagen.
Nur nochmal, ohne Trump wäre diese Entwicklung der Lage niemals möglich gewesen und die Demokraten haben es ohnehin geduldet.