Archive for Juni 29th, 2014

29. Juni 2014

[Junge Welt] Nuklearkrieg verhindert

jW-Autor Rainer Rupp hat den diesjährigen Preis für Solidarität und Menschenwürde des »Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde« erhalten. Ein Auszug aus der Laudatio

Von Arnold Schölzel

Die ersten Artikel Rainer Rupps erschienen in jW, als er noch in Saarbrücken inhaftiert war. Sie befaßten sich unter anderem mit der damals beschlossenen NATO-Osterweiterung, mit dem Konzept einer »globalen NATO«. Ich zitiere aus seinem Jahresrückblick vom Silvestertag 1997: »Unbehindert von kritischen Fragen sind hierzulande die Vorbereitungen für die globale NATO längst angelaufen. Und Verteidigungsminister Rühe versprach unlängst seinen Soldaten, daß sie beim nächsten Golfkrieg dabei sein würden. Ganz soweit ist die SPD noch nicht, aber sie ist auf dem Weg dahin. Auf ihrem Parteitag in Hannover unterstrich Verheugen, daß in der sozialdemokratischen Sicherheitspolitik nicht mehr friedenspolitische Ziele, sondern der Beitrag zur Gestaltung der Weltwirtschaft im Vordergrund stehen.«

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http://www.jungewelt.de/2014/06-28/009.php

 

29. Juni 2014

Volkswehr der Donezker Volksrepublik lässt ukrainische Soldaten frei – Interview

Am 26.06 wurden die Soldaten des Bataillons №3004 der Nationalgarde nach dem Sturm gefangen genommen. Die Volkswehr der Donezker Volksrepublik ließ sie gestern frei.

Die Frau eines Berufssoldaten: Ich warte auf meinen Mann. Wir telefonieren miteinander mit dem Handy. Er sagt nicht, wer den Militärstützpunkt angegriffen hat. Von meinem Mann wurde nichts verlangt, man schenkte ihm sogar den warmen Tee ein.
Journalistin: Seit wann sind Sie hier?
Frau: Ab 7.00 Uhr. Zuerst wurden diese Jungs freigelassen (zeigt auf die Gruppe der jungen Soldaten). Mein Mann ist Berufssoldat.
Mann: Ist alles in Ordnung mit ihm?
Frau: Ja, alles gut. Ich bin eingefroren.
Mann: Kopf hoch!
Journalist: Erzählen Sie bitte, was dort drinnen abläuft und was gestern passiert ist!
Berufssoldat: Unsere Kaserne wurde gestern angegriffen, es gab eine kleine Schießerei, es gibt keine Opfer. Nach dem Sturm wurden wir hierher gebracht (angeblich in das Gebäude der Gebietsverwaltung). Wir bekamen warmes Essen, den Tee… Niemand hat uns etwas Schlimmes angetan. Wir wurden in einem Zimmer bis zum Morgen gehalten, weil in der Stadt nächtliche Ausgangssperren verhängt wurden. Bereits um 6.00 Uhr waren einige Eltern da. Zuerst wurden die Soldaten im Grundwehrdienst abgeholt, dann waren wir, die Berufssoldaten an der Reihe.
Jorunastin: Wie viele Männer wurden insgesamt gefangen genommen?
Berufssoldat: Etwa 200.
Journalist: Wer hat angefangen zu schießen? Haben Sie auf die Menschen geschossen?
Berufssoldat: Nein, auf die Menschen haben wir nicht geschossen. Wir haben irgendwie verstanden, dass das unsere Landsleute sind, sie auch. Wer angefangen hat, weiß ich nicht. Das Wichtigste ist, dass es keine Opfer gibt.
Journalist: Wo kommen Sie her?
Berufssoldat: Aus Donezk.
Journalist: Wie lange dauerte der Sturm?
Berufssoldat: Ein paar Stunden mit kleinen Pausen.
Journalist: Was habt ihr empfunden, als ihr die Schüsse und Explosionen gehört habt? Welche Befehle gaben die Offiziere?
Berufssoldat: Es handelte sich um gesetzsmäßige Befehle. Alle waren sich im klaren darüber, wo sie sind und wie sie handeln müssen.
Journalist: Sie sind Berufssoldat. Wie geht es weiter? Bleiben Sie bei der Armee oder schließen Sie sich die Volkswehr an?
Berufssoldat: Ich habe noch nicht entschieden, was ich tun werde.
Journalistin: Was haben die Offiziere gestern gesagt? Haben sie befohlen, in die Luft zu schießen?
Berufssoldat: Sie haben gesetzsmäßige Befehle erteilt.
Journalist: … um die Opfer zu vermeiden?
Berufssoldat: Es ist gelungen, Opfer zu vermeiden.
Journalist: Dürfen wir Ihren Namen und Familiennamen veröffentlichen?
Berufssoldat: Lieber nicht. Ok, mein Name ist Artur.

29. Juni 2014

»Mein Publikum bewahrt mich davor zu verzweifeln« Gespräch mit Konstantin Wecker

 Über Faschisten in der Ukraine und die deutsche Friedensbewegung, Rechtsruck in der EU und bittere Einsichten

Auszüge:

(…)

Ich kann mir keine Gedanken darüber machen, ob ich zu Lebzeiten noch eine gravierende politische Veränderung erleben werde. Das ist ja auch die Frage, die Hannes Wader und mir immer gestellt wurde: Hat es irgendwas gebracht, euer Engagement für eine bessere Welt? Offensichtlich ja nicht. Wir haben die Politik nicht ändern können, sondern mußten gar den Abbau sozialer Sicherheiten und selbst Krieg, von deutschem Boden ausgehend, erleben. Aber vielleicht müssen wir uns die Frage andersherum stellen. Wo stünden wir eigentlich, wenn es keine aufrechten Journalisten, Künstler und Sänger, Kriegsgegner und Antifaschisten gegeben hätte, und viele andere mehr, die versucht haben, etwas zu verändern, zu bewirken? Wie beschissen sähe es dann aus?

 

(….)

 

Die heutigen Montagsdemonstranten wollen weder links noch rechts sein. Öffnen sie damit nicht selbst Tür und Tor für ihre Unterwanderung durch rechte Aktivisten?

Diese Gefahr ist vorhanden, natürlich. Ich unterscheide sehr deutlich zwischen rechts und links, das ist für mich überhaupt kein Thema. Für mich kommt eine solche Gleichmacherei überhaupt nicht in Frage. Die politischen Ziele von Linken und Rechten sind völlig andere.

Aber zurück zur traditionellen Friedensbewegung. Die war ja auch früher schon zersplittert. So engagierten sich darin Anhänger unter anderem der KPD/ML, trotzkistischer Organisationen und linker Feministinnen, die nochmal ein eigenes Lager bildeten. Diese Flügelkämpfe haben damals schon viele Menschen verschlissen. Auch ich persönlich bin in diesen Zeiten mehr von den linken Gruppen angegangen worden als von den Konservativen. Mein verstorbener Freund Hanns Dieter Hüsch wurde damals etwa von linken Gruppierungen am Singen gehindert und ist in die Schweiz ausgewandert, weil er es nicht mehr ausgehalten hat. Ich kenne also diese Zersplitterungen, und man muß sagen, es hat nichts bewirkt. Außer, daß die Zersplitterung im Endeffekt immer der Konterrevolution geholfen hat.

Denken Sie, daß heutzutage überhaupt noch eine organisierte Friedensbewegung existiert?

Ich habe damals die Bewegung erlebt – und sie war sehr groß. Diese Friedensbewegung ist jedoch – Historiker mögen mich widerlegen – mit dem berühmten Satz von Joschka Fischer »Nie wieder Auschwitz« zerschlagen worden. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, daß auch mein Publikum gespalten war. Ich war gegen den Jugoslawien-Krieg, und etwa die Hälfte meines Publikums war dafür. Ab dem Jugoslawien-Krieg gab es die Friedensbewegung, wie ich sie zuvor kannte, nicht mehr.

Ist es möglich, die Friedensbewegung wieder zum Leben zu erwecken?

Ja, es ist wahrscheinlich schon möglich. Dazu muß sich jedoch auch die Linke selbst ein wenig öffnen und nicht zu selbstgefällig agieren, wie es derzeit der Fall ist. Ich sage aus der Sicht meines Alters heraus, daß bei vielen traditionellen Aktivisten auch ungeheure Eitelkeiten mit im Spiel sind. Wenn wir uns aber auf eine respektvolle Weise zusammentun, haben wir gute Chancen, erfolgreich zu sein.

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