24. Oktober 2013
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Von Karin Leukefeld
Bei einem Treffen der Kerngruppe der »Freunde Syriens« haben sich in London die Außenminister von Großbritannien, Ägypten, Frankreich, Deutschland (Staatssekretärin Emily Haber), Italien, Katar, Saudi-Arabien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA mit Vertretern der Syrischen Nationalen Koalition getroffen.
Die von den »Freunden Syriens« als legitime Vertretung der Syrer unterstützte oppositionelle Allianz wurde aufgefordert, »sich voll und ganz dem Genf-II-Prozeß zu verpflichten«, erklärte der britische Außenminister William Hague am Dienstag abend nach dem Treffen. Ziel sei das gegenseitige Einverständnis über ein »Übergangsgremium mit voller Exekutivgewalt«. Ergänzend fügte Hague hinzu: »Gegenseitiges Einverständnis kann nur bedeuten, daß es ein Einverständnis der Syrischen Nationalen Koalition geben muß, so daß Assad in einer zukünftigen Regierung von Syrien keine Rolle spielen wird«.
Ahmed Dscharba, Präsident der Nationalen Koalition, erklärte, man werde erst Anfang November entscheiden, ob man an den Genf-II-Gesprächen teilnehmen werde. Bisher hatte die Koalition den Rücktritt des amtierenden syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad zur Vorbedingung einer Teilnahme gemacht. Sollte das nicht mehr gelten, hat der Syrische Nationalrat (SNR), die größte Fraktion in der Koalition, den Austritt angekündigt.
Dscharba erläuterte weitere Forderungen seiner Gruppe. Frauen und Kinder müßten freigelassen werden, die sich in syrischer Gefangenschaft befinden sollen, und den bewaffneten Gruppen müßten Luftabwehrraketen zur Verfügung gestellt werden, um »das militärische Gleichgewicht« herstellen zu können. Dscharba wies eine Beteiligung Irans an den Genf-II-Gesprächen zurück, da Teheran angeblich »Zehntausende Milizen« in Syrien stationiert habe. Nach Ansicht der Koalition müsse zudem jede zukünftige Vereinbarung nach Kapitel VII der UN-Charta verbindlich sein, um für den Fall der Nichteinhaltung die Erfüllung der Vereinbarungen militärisch erzwingen zu können. Schließlich forderte Dscharba die Einrichtung »humanitärer Korridore« in Gebiete, die von den bewaffneten Gruppen gehalten und von der syrischen Armee belagert würden, um humanitäre Hilfe dorthin zu bringen.
Der syrische Präsident hatte sich am Montag in einem Interview mit dem libanesischen Sender Al-Mayadeen ausführlich zur Lage in Syrien geäußert. Zu der Genf-II-Konferenz meinte er, seine Regierung habe ihre Teilnahme »ohne Vorbedingungen« zugesagt. Allerdings habe er den Eindruck, die Situation sei noch nicht reif für Friedensgespräche. Er frage sich, »was für Beziehungen diese Kräfte (der Opposition, K. L.) zum syrischen Volk haben. Vertreten sie das syrische Volk oder vertreten sie die Staaten, die sie erfunden haben?« Saudi-Arabien warf er vor, »Erfüllungsgehilfe der Amerikaner in Syrien« zu sein. Ohne die Zustimmung und Einbeziehung der Syrer werde es keine Lösung geben.
Salafistische Kampfbrigaden, die von Saudi-Arabien finanziert und ausgerüstet werden, bereiten sich derweil offenbar auf eine Entscheidungsschlacht nördlich von Damaskus vor. In den Kalamoun-Bergen, den Ausläufern des Anti-Libanon-Gebirges ist u.a. die Brigade »Liwa Al-Islam« (Armee des Islam) stationiert, deren Anführer Zahran Allousch als Befehlsempfänger des saudischen Geheimdienstchefs Bandar bin Sultan gilt. Libanesischen Quellen zufolge soll Liwa Al-Islam bis zu 5000 Kämpfer im libanesisch-syrischen Grenzgebiet der Kalamoun-Berge zusammengezogen haben.